New Transparencies
2021/22
In Zeiten von Social Media, Blockchain-Technologien und dezentralen Finanz- und Energiesystemen, die alle im Namen von Transparenz und unzensierten Gesellschaften stehen, ist das Thema Transparenz wieder aktuell und betrifft viele Aspekte unseres modernen Lebens. Der politische Umgang mit der Pandemie und die Folgen davon haben das Thema Transparenz ebenfalls in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt.
Das Thema Transparenz erfordert zum einen eine theoretische Auseinandersetzung, denn in der Gesellschaft und Politik tritt sie in vielen unterschiedlichen Bedeutungen und Erscheinungsformen zutage. Viele Menschen assoziieren Transparenz mit positiven Aspekten, wie etwa die Abwesenheit von Korruption, freie Verfügbarkeit von Informationen und die Voraussetzung für eine gerechte Gesellschaft. Andere wiederum befürchten, zu „gläsernen Menschen“ zu werden, wenn die Trennung zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit immer mehr verschwindet.
In der Architektur wird Transparenz häufig durch einen hohen Verglasungsanteil artikuliert. Durch die Gestaltung ihrer Gebäude mit transparenten Fassaden versuchen Regierungen und Banken zum Ausdruck zu bringen, dass sie nichts zu verbergen haben. Visuelle Einblicke werden geschaffen, um ein Gefühl der Ehrlichkeit und des Vertrauens herbeizuführen.
Die materialspezifischen Eigenschaften von Glas und anderen transparenten Materialien bringen Herausforderungen an die energetische Performance eines Gebäudes mit sich. Die dadurch ermöglichte Nutzung des natürlichen Lichts ist meist erwünscht und senkt den Energiebedarf für künstliche Beleuchtung, jedoch führen Glasfassaden oft zu einer Überhitzung des Gebäudes. Es ist daher notwendig, schon in der Entwurfsphase klimatische und energetische Faktoren zu berücksichtigen, um energieeffiziente Gebäude zu planen.
Im Rahmen des Masterstudios soll eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema stattfinden, die mit der Formulierung eines Manifests, der Beschreibung einer entsprechenden architektonischen Aufgabe und der Auswahl des Standorts abschließt. In der zweiten Phase erfolgt der Entwurf und damit die Umsetzung der gewählten Interpretation des Transparenzbegriffs.
Vor diesem Hintergrund stellen wir fest, dass die freie Wahl des Standorts und der Typologie ein viel größeres Potenzial birgt als strenge Vorgaben, daher können die Studierenden ihre individuellen Interpretationen innerhalb des Themas “New Transparencies” gestalten. Die vielen Bedeutungen und Erscheinungsformen von Transparenz in der zeitgenössischen Architektur und wie sie sich auf die Energieflüsse in der gebauten Umwelt und den Klimawandel auswirkt, werden untersucht. Anhand von Entwurfsaufgaben in verschiedenen Maßstäben, mit unterschiedlichen Nutzungen und in verschiedenen klimatischen und kulturellen Kontexten wird das Thema auf mehreren Ebenen untersucht.
Während der Entwurfsprozess zu einem vielfältigen Spektrum an Interpretationen und Projekten im Studio führt, wird im Rahmen des Kurses „Advanced building systems“ ein Gesamtenergiekonzept unter Verwendung einer visuellen Programmiersprache entwickelt. Unter Berücksichtigung der spezifischen nutzungsbedingten Anforderungen und der klimatischen Parameter des Gebäudes, der Gebäudehülle, der Gebäudetechnik und der Energieversorgung sollen schließlich nachhaltige, energieeffiziente Gebäudeentwürfe erstellt werden.
Das diesjährige Thema lädt dazu ein, über neue soziale Konstruktionen und Lebensweisen nachzudenken, die mit der Architektur und allen Räumen, in denen wir uns täglich aufhalten, existieren und sich weiterentwickeln.