2019/20
Das Hotel ist ein Mikrokosmos, der alles bereitstellt, was der Gast während seines Aufenthaltes braucht. Das Hotelzimmer kann als temporäre Wohnung verstanden werden, in der alle Grundbedürfnisse auf kleinstem Raum gedeckt werden: Ein Bett zum Schlafen, ein Tisch zum Arbeiten, Stauraum für Ge- päck, Fernseher, Internet und Telefon für den Kontakt zur Außenwelt, Teeküche und Minibar für die Verpfle- gung zwischendurch und Sanitäreinrichtungen für die tägliche Körperhygiene. Dank komplementärer Ange- bote, wie Gastronomie, Wäscherei, Fitnesscenter und Wellnessbereichen oder Räumen für Konferenzen und Meetings, muss der Hotelgast während seines gesam- ten Aufenthaltes das Hotel nicht unbedingt verlassen.
Das Hotelzimmer ist das maßgebliche Grundelement des Gesamtgebäudes, welches den Großteil der Gesamtgebäudefläche einnimmt und für den Großteil des Gesamtenergiebedarfs verantwortlich ist. Die Be- trachtung dieses sehr einfachen, zumeist repetitiven Moduls eignet sich hervorragend, um die Kernthemen des Instituts für Gebäude und Energie zu erlernen. Anhand des Hotelzimmers können die Wechselwirkun- gen zwischen Außenklima, Gebäudehülle, Gebäude- technik, Nutzerverhalten, Raumklima und Energiev- erbrauch studiert, untersucht, begriffen und in einem iterativen Prozess optimiert werden. Die Fassade, als Schnittstelle zwischen Innen- und Außenklima, nimmt in diesem Prozess eine besondere Stellung ein und wird entsprechend intensiv bearbeitet werden.
In Hotelgebäuden, werden - um Energie und somit Kosten zu sparen - nur die Zimmer konditioniert, die gerade belegt werden. Ein weiteres Spezifikum des Hotels sind die divergierenden Erwartungen der Nutzer an das Raumklima. Im Hotel leben Menschen aus unterschiedlichsten Herkunftsländern und Kulturen mit abweichenden Auffassungen von Behaglich- keit für kurze Zeit Tür an Tür. Die Gebäudehülle und Gebäudetechnik müssen auf diese Besonderheiten der Typologie abgestimmt werden.
Im Rahmen des Studios wird die Anwendung von dynamischer Simulationssoftware erlernt. Aufgrund der einfachen Geometrie der Hotelzimmer- zelle kann mit vergleichsweise geringem Aufwand ein entsprechendes Modell in dynamischer Simulations- software erstellt und untersucht werden. Die repeti- tive Struktur eines typischen Hotelgebäudes, mit dem Hotelzimmer als Grundelement, erlaubt es - mittels Extrapolation der Ergebnisse für ein Hotelzimmer - Rückschlüsse auf die Energieperformance des Gesamthotelgebäudes zu ziehen. Die Ergebnisse der Simu- lationen und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse liefen wertvolles Feedback für den Entwurfsprozess und unterstützen die Entwicklung eines energieeffizienten Hotelgebäudeentwurfs.
Im Entwurfsprozess werden zu dem die Wechsel- wirkungen zwischen den Gastbereichen und Komplementärbereiche eines Hotels (Fitness/Pool/Wellness, Konferenzräume, Restaurants/Bars etc.) betrachtet und möglich Synergien ausgelotet, mit dem Ziel durch eine allfällige Neukonfiguration das Gesamtsystem des Hotelgebäudes zu optimieren. Kann die Konfiguration eines Hotelzimmers, des Hotelgebäudes neu gedacht werden? Eröffnet die Betrachtung des Hotels als Stadt in der Stadt (Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Gastronomie) neue Perspektiven, Sichtweisen und Potentiale für den Entwurf von zukunftsfähigen ener- gieeffizienten nachhaltigen Gebäuden und Städte für das 21. Jahrhundert?
Durch die Beschäftigung mit den vier betrachteten Standorten Dubai, London, Rio de Janeiro und Toronto mit ihren sehr unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, wird der Einfluss des Außenklimas auf den Entwurf und die optimale Konfigurierung der Gebäudehülle und Gebäudetechnik ebenfalls studiert werden. Letztendlich sollen - durch Betrachtung der spezifischen nutzungsbedingten Anforderungen und der klimatischen Parameter des jeweiligen Standorts und durch Optimierung von Gebäudeform, Gebäudehülle, Gebäudetechnik und Energieversorgung - zukunftsfähige nachhaltige energieeffiziente Gebäu- deentwürfe entstehen.