Die räumliche Unterbringung der physikalischen Einrichtungen an der Technischen Universität Graz im Laufe der Jahre

Bei der im Jahre 1888 erfolgten Übersiedlung der Physik vom Leslie-Hof in den Neubau in der Rechbauerstraße, später vielfach "Alte Technik" genannt, wurden dort die Räume im Hochparterre längs der Technikerstraße bezogen. In der Mitte der Längsfront befand sich der Physikhörsaal. Bereits damals stellte sich dieser Neubau als zu klein heraus. Die Unterbringung dringend neu zu schaffender Lehrkanzeln, wie z.B. für Elektrotechnik, war nicht möglich. Im Jahr 1901 entschloß sich daher das damalige k.k.Ministerium für Kultus und Unterricht einen Baugrund in der Brockmanngasse anzukaufen, auf dem dann das Gebäude für die Lehrkanzeln des Maschinenbaus und der Elektrotechnik, später „Neue Technik“ genannt, errichtet werden sollte. In einem zweiten Schritt faßte der Senat der Technischen Hochschule im Jahre 1908 den Beschluß, „eine großzügige Erweiterung des Physikalischen Instituts beim Ministerium zu beantragen“. Den vorgelegten Plänen nach sollte ein großer Gebäudekomplex anschließend an den Garten der "Alten Technik" entlang der Mandellstraße im Stil des Hauptgebäudes entstehen. Das entsprechende Grundstücksareal wurde vom Ministerium ebenfalls schon angekauft. Wegen des 1. Weltkriegs verzögerte sich die Fertigstellung des Neubaus in der Brockmanngasse bis zum Jahre 1935. Der Neubau in der Mandellstraße kam überhaupt nicht zu Stande.
Bald nach dem Amtsantritt von Professor Kohlrausch (1920) gab es für das Physikalische Institut bauliche Veränderungen: Längs der Technikerstrasse gegen die Mandellstraße zu wurde ein provisorischer Anbau mit einem Physikhörsaal von etwa 250 Sitzplätzen errichtet (1922). Außerdem erhielt das Institut 2 ebenerdige, an der südlichen Ecke gegen die Technikerstraße zu gelegene Räume, zunächst für die Unterbringung des Praktikums. Dieses wurde später in Räume verlegt, die im Hochparterre an der südlichen Seite des Zwischengangs gelegen waren. (Dieser Zwischengang war damals in der Mitte seiner Länge abgemauert.) In dem größeren der zuvor genannten ebenerdigen Eckräume wurde dann die Institutswerkstätte untergebracht. Im Gegenzug gab das Institut einige seiner Räume längs der Technikerstraße mit dem alten Physikhörsaal an die Baufakultät ab. Der neue Hörsaalanbau, der bedingt durch die damalige schlechte wirtschaftliche Situation sehr einfach gestaltet und eigentlich als Provisorium gedacht war, wurde später, nach Fertigstellung des Physikgebäudes, im Jahre 1978 wieder abgerissen.
Die Institutsräumlichkeiten, die Professor Gebauer bei seinem Amtsantritt im Jahre 1955 vorfand, waren bereits sehr desolat, nicht zuletzt durch die chemischen Präparationsarbeiten, die in einigen Räumen durchgeführt worden waren. Der Anzahl der Räume war auch durch die Unterbringung des Zentrums für Elektronenmikroskopie im Institut für Experimentalphysik verringert worden.
Professor Gebauer kam von der Technischen Hochschule Darmstadt. Unter seiner Leitung war dort das im Krieg zerstörte Physikalische Institut wieder aufgebaut worden. Schon in seinen ersten Tagen am Institut in Graz sprach er davon, daß er "am liebsten hier gleich weiterbauen" würde und daß er bei seinen Berufungsverhandlungen im Ministerium bereits sehr auf die Errichtung eines Neubaus für Physikinstitute gedrängt habe. Er ging dabei von der Überlegung aus, dass sich gute Mitarbeiter für eine effiziente Forschungstätigkeit am ehesten durch ein Studium am Ort heranziehen lassen, wozu genügend Räumlichkeiten und Lehrpersonal Voraussetzung sind. In diesem Zusammenhang sollte dann auch dem dringenden Bedarf an mehr Raum für Lehrveranstaltungen der Studenten der Ingenieurfächer, vor allem an einem großen Hörsaal, Rechnung getragen werden. Bei seinen Bestrebungen für einen derartigen Neubau wurde er sogleich von Professor Ledinegg unterstützt. Mit ersten Vorbereitungs– und Planungsarbeiten dazu wurde am Institut für Experimentalphysik schon bald begonnen. Sie erwiesen sich dann als sehr langwierig und schwierig, da viele Interessen anderer Institutionen laufend dagegen standen. Durch Jahre hindurch sind Baupläne für verschiedene Standorte, z.T. schon sehr im Detail, gezeichnet worden, an denen dann aus irgendwelchen Gründen doch nicht gebaut werden konnte. Ungeachtet dessen verfolgte Professor Gebauer sein Ziel unermüdlich und mit großer Hartnäckigkeit. Bei den späteren Planungen waren naturgemäß auch das Institut für Theoretische Physik und die beidenspäter gegründeten Institute mit eingebunden. Den weitaus überwiegenden Teil dieser Arbeiten aber trugen Professor Gebauer und seine Mitarbeiter. Das Institut vermittelte häufig den Eindruck eines Baubüros.
Da beim Amtsantritt Professor Gebauers abzusehen war, dass bis zur Fertigstellung eines Physikgebäudes viele Jahre vergehen würden, andererseits aber das Bestreben bestand, ein Physikstudium möglichst rasch zu Stande zu bringen, musste am Institut für Experimentalphysik Platz für die neu zu schaffenden Praktika und die zu erwartenden Diplom- und Doktorarbeiten gefunden werden. Schon nach kurzer Zeit wurde begonnen, die noch dem Institut verbliebenen Räumlichkeiten in der Rechbauerstraße quasi bis in den letzten Winkel um– bzw. auszubauen. So wurden beispielsweise in den hohen Räumen Zwischendecken eingezogen und alle Gang- und Kellerräume entsprechend adaptiert.
Beim Institut für Theoretische Physik war der Platzbedarf naturgemäß geringer. Die diesem Institut anfangs zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten waren jedoch völlig unzureichend. Es waren drei kleine einachsige Räume in der "Neuen Technik", die durch Umbau der Garderoberäume des Hörsaals G gewonnen worden waren. Bald nach der Gründung des "Vereins zur Förderung der Kernenergie" bzw. des Reaktorinstituts im Jahre 1965 trat hier jedoch eine Erleichterung ein: Das Reaktorinstitut, dem u.a. die Betreuung eines neu angeschafften 10 kW Siemens-Argonaut-Reaktors oblag, war im Gebäude des heutigen "Joanneum-Research" in der Steyrergasse untergebracht worden. Es wurde bald danach dem Institut für Theoretische Physik angegliedert. Im Zuge dessen wurde dann auch der Hauptteil des Instituts für Theoretische Physik dort untergebracht. Auch das im Jahre 1970 gegründete Institut für Kernphysik fand dort bescheidene Räumlichkeiten.
Das davor im Jahre 1966 ebenfalls neu geschaffene "Institut für Angewandte Physik und Lichtechnik" war als experimentelles Institut mit besonders großen räumlichen Problemen konfrontiert. Da das Zentrum für Elektronenmikroskopie um diese Zeit in das Gebäude des Joanneum-Research übersiedeln konnte und dessen bisherige Räume, die zuvor zum Institut für Experimentalphysik gehörten, nun frei wurden, konnte Professor Gebauer diese Räume zur Verfügung stellen. Das Ausmaß dieser Räumlichkeiten war jedoch für die vielfältigen Erfordernisse des Instituts zu gering. So wurden Räume in dem Wohnhaus Krenngasse 37 angemietet. Es konnten auch einige kleine Räume im Gebäude des Joanneum-Research für dieses Institut gewonnen werden.
Als Ende der Sechziger Jahre der Bauplatz und die Finanzierung des zu errichtenden Physikgebäudes endlich gesichert erschien, bestanden noch immer gravierende Meinungsverschiedenheiten zwischen den Physikern und den Bausachverständigen. So wollten letztere den Neubau mit großen Fenstern ausstatten, was nach Meinung der Physiker für experimentelles Arbeiten ungünstig ist. Im letzten Moment schien das Projekt noch an einem Problem der Grundstückablöse in dem für den Bau vorgesehenen Areal auf dem Schörgelhofgelände ganz zu scheitern.
Den Architekten-Wettbewerb für das Physikgebäude gewann DI.Praschak aus Leoben. Im Jahre 1970 konnte mit dem Bau begonnen werden. Als der Autor dieses Artikels im Jahr 1975 die Nachfolge Professor Gebauers antrat, war der Rohbau weitgehend fertiggestellt. Es begannen nun langwierige Diskussionen um die Inneneinrichtungen und die Flüssigmachung der dazu notwendigen Gelder. Auch war es notwendig, eine für alle Institute einheitliche Elektroinstallation auszudiskutieren und die aufwendigen elektrischen Einrichtungen in den Praktikumsräumen sowie für die Demonstrationsexperimente in den Hörsälen sinnvoll zu gestalten. Hier hat sich Herr Oberrat DI Christian Neureiter große Verdienste erworben. Gegen Ende des Jahres 1977 konnte der Neubau bezogen werden. Er erwies sich im Großen und Ganzen zufriedenstellend. Die wenigen vom praktischen Standpunkt aus vorhandenen Unzulänglichkeiten, so beispielsweise das Transportproblem von Werkstattmaterial in den Lagerraum, sind nicht den Physikern anzulasten.
Bei der Aufteilung der Räume ergaben sich dann auch noch Schwierigkeiten insofern als fachfremde Institute Ansprüche auf Räumlichkeiten im Physikgebäude erhoben. So standen dann mehrere Jahre lang einige Räume nicht der Physik zur Verfügung. Letztlich konnte aber auch dieses Problem gelöst werden, allerdings abgelöst durch ein anderes: Für die nun einsetzende „stürmische“ Entwicklung der Physik im neuen Haus erwies sich dieses schon bald wieder als zu klein. Das Gebäude war ursprünglich für etwa 8 Lehrkräfte mit ebensovielen Forschungsgruppen gedacht. Die Gesamtanzahl der in diesem Fach Habilitierten ist inzwischen dreimal so groß geworden.
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