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Katrin Unger wurde 1986 in Graz geboren und ist seit dem Abschluss ihres Physikstudiums Teil der Arbeitsgruppe von Anna Maria Coclite am Institut für Festkörperphysik, wo sie an der Entwicklung von Tattoo-Sensoren arbeitet, die gesundheitsschädliche pH-Veränderungen der Haut frühzeitig erkennen sollen.
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Kombination von Tintenstrahldruck und chemischem Aufdampfen
Mithilfe eines Tintenstrahldruckers druckt Unger elektrische Leiterbahnen aus Kunststoff mit einer Auflösung dünner als ein menschliches Haar auf leeres Tattoo-Papier, wie man es von Kindertattoos kennt. Auf diese Kunststoff-Elektroden wird anschließend ein Polymer-Gel im Vakuum chemisch aufgedampft. „Dank der vakuumbasierten Methode können wir unter schonenden Bedingungen arbeiten und müssen die Substrate keinen hohen Temperaturen oder Lösungsmitteln aussetzen“, erklärt Unger.
Die aufgedampfte Gel-Schicht ist pH-aktiv, das heißt, sie reagiert auf den pH-Wert der Flüssigkeit, die sie umgibt. Unger erklärt: „Ich verwende Hydrogel. Das kann man sich als eine Art Schwamm vorstellen, der Wasser absorbiert. Je nachdem, in welchem pH-Milieu sich das Gel befindet, absorbiert es mehr oder weniger Flüssigkeit, oder im Fall des Tattoo-Sensors abgesonderten Schweiß, und ändert damit die elektrischen Eigenschaften des Sensors.“ Dieser liefert dann Rückschlüsse auf den Zustand der Haut.
Katrin Unger verknüpft in ihrem Projekt die Arbeit von Anna Maria Coclite, die für ihren Forschungsansatz zur Herstellung smarter künstlicher Haut 2016 den ERC-Starting Grant erhielt, mit jenem der Arbeitsgruppe rund um Francesco Greco, der gedruckte Tattoo-Elektroden zur medizinischen Diagnostik entwickelt.
Langzeitliches Haut-Monitoring
Der pH-Wert einer gesunden Haut liegt im Durchschnitt bei 5,5. Der Säuremantel, der den menschlichen Körper überzieht, ist eine Barriere gegen Viren und Bakterien. Umwelteinflüsse, Krankheiten oder medizinische Behandlungen können den pH-Wert verändern, den Schutzmantel zerstören und die Infektionsgefahr erhöhen. Ungers Tattoo-Sensoren sollen helfen, diese pH-Veränderungen über längere Zeiträume zu diagnostizieren. Und das, ohne den Träger oder die Trägerin zu stören: aufgrund ihrer Beschaffenheit bewegen sich die Tattoos flexibel mit der Haut mit.
Empfindlichkeit der Polymere und Haftung der Schichten als Herausforderung
Der Weg in die Anwendung ist allerdings noch ein weiter. Schweiß beinhaltet sehr viele verschiedene Analyte, die auf das Signal einwirken können und damit die eindeutige Zuweisung zu einem pH-Wert erschweren. Aktuelle Herausforderungen in Ungers Forschungsarbeit sind die Verbesserung des Signals der Elektroden und der Haftung der unterschiedlichen Schichten. Für eine exakte Messung darf es – trotz ständiger Bewegung und Dehnung des Körpers – keine Ablation vom Tattoo zu den Elektroden, von dort zum Hydrogel oder vom Gel zur Haut geben. „Der Tattoo-Sensor soll am Ende nur wenige Mikrometer dick sein. So dünne Schichten reißen leicht und müssen behutsam behandelt werden, um einen Kontakt zu einem Messgerät herzustellen“, so Unger, die mit ihrem Projekt eine Brücke zwischen der Materialgrundlagenforschung und einem anwendungsorientierten Sensor schlägt.
Dieses Forschungsgebiet ist im Field of Expertise „Advanced Materials Science“ verankert, einem von fünf strategischen Forschungsschwerpunkten der TU Graz.