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Neues System für flächendeckende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff

26.05.2020 | TU Graz news | Forschung

Von Christoph Pelzl

Wasserstoff-Forschende der TU Graz haben gemeinsam mit dem Grazer Start-Up Rouge H2 Engineering ein kostengünstiges Verfahren zur dezentralen Erzeugung von hochreinem Wasserstoff entwickelt.

Das Innenleben des OSOD H2 Generators. Beim blauen Quader handelt es sich um die Kernentwicklung: ein Gasofen mit vier Rohrreaktoren, in denen der Chemcial-Looping-Prozess zur Wasserstoffproduktion abläuft. © RGH2

Als alternative Antriebstechnologie im Verkehrssektor spielt Wasserstoff bei der Energiewende eine bedeutende Rolle. Derzeit ist er aber noch nicht massentauglich: Wasserstoff wird überwiegend zentral aus fossilen Rohstoffen erzeugt und in einem teuren sowie energieintensiven Prozess komprimiert oder verflüssigt, um ihn anschließend an Tankstellen liefern zu können. Dort braucht es teure Infrastruktur mit hohen Investitionskosten, um große Mengen an Wasserstoff zu speichern.

Forschungserfolg wurde in die Anwendung gebracht

Die Arbeitsgruppe Brennstoffzellen und Wasserstoffsysteme am Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik der TU Graz – eine der international führenden Gruppen auf dem Gebiet der Wasserstoffforschung – hat deshalb nach Möglichkeiten gesucht, die Wasserstoffproduktion attraktiver zu machen. Im Rahmen des Forschungsprojektes HyStORM (Hydrogen Storage via Oxidation and Reduction of Metals) entwickelte das Team rund um Arbeitsgruppenleiter Viktor Hacker eine sogenannte „Chemical-Looping Hydrogen-Methode“, ein neues nachhaltiges und innovatives Verfahren zur dezentralen und klimaneutralen Wasserstofferzeugung. Dieser mehrfach ausgezeichnete Forschungserfolg mündete in einem kompakten und platzsparenden On-Site-On-Demand-System (OSOD) für Tankstellen und Energieanlagen, das vom Grazer Start-Up Rouge H2 Engineering entwickelt und vertrieben wird. Dieses System soll zukünftig ein wichtiger Puzzlestein auf dem Weg zur flächendeckenden Verfügbarkeit von nachhaltigem Wasserstoff werden.

Funktionsweise des OSOD-Systems

OSOD ist ein Wasserstoffgenerator mit integrierter Speichervorrichtung in einem System. Die Wasserstofferzeugung erfolgt durch die Umwandlung von Biogas, Biomasse oder Erdgas zu einem Synthesegas. Die darin enthaltene Energie wird dann mithilfe eines Redox-Verfahrens (Reduktions-Oxidations-Verfahrens) in einem Metalloxid gespeichert, das vollkommen verlustfrei gelagert und gefahrlos transportiert werden kann. Die anschließende bedarfsorientierte Produktion des Wasserstoffs erfolgt durch die Zufuhr von Wasser in das System. Das eisenbasierte Material wird mit Dampf beschickt und hochreiner Wasserstoff wird freigesetzt.

Flexible Skalierbarkeit

Dieser Prozess macht das System auch für kleinere Anwendungen interessant, wie TU Graz-Wasserstoff-Forscher Sebastian Bock erklärt: „Derzeitige konventionelle Verfahren zur Wasserstofferzeugung aus Biogas oder vergaster Biomasse benötigen aufwendige und kostenintensive Gasreinigungsverfahren wie beispielsweise die Druckwechsel-Adsorption – ein Trennverfahren, bei dem der Wasserstoff in mehreren Schritten aus dem Gasgemisch isoliert wird. Das funktioniert in großem Maßstab sehr gut, ist aber schlecht auf kleinere, dezentrale Anlagen skalierbar. Unser Verfahren erzeugt durch den Redox-Zyklus auf Wasserdampfbasis aber ohnehin nur hochreinen Wasserstoff – es ist also gar kein Gasreinigungsschritt mehr notwendig.“

2017 wurde die Wasserstoff-Forschung der TU Graz mit dem Staatspreis Mobilität ausgezeichnet. (hier findet sich das Video dazu)

Deshalb ist das OSOD-System beliebig skalierbar und eignet sich insbesondere für dezentrale Anwendungen mit geringen Einspeisungsraten in Labors sowie für kleinere industrielle Systeme, aber auch für größere Einheiten wie Wasserstofftankstellen oder Biogasanlagen zur Wasserstofferzeugung.

Bedarfsorientierte Flexibilität

Neben der Bereitstellung hochreinen Wasserstoffs verweist Gernot Voitic, Lead Project Manager R&D bei Rouge H2 Engineering, außerdem auf einen weiteren Vorteil der neuen Technologie: „Das OSOD-System kann bei geringer Nachfrage in den Standby-Modus wechseln und die Wasserstoffproduktion jederzeit bei Bedarf wieder aufnehmen. Diese bedarfsorientierte Freisetzung und der integrierte Speicher sind der USP des OSOD-H2-Generators, der sich dadurch von anderen ähnlichen Produkten abhebt.“

Rouge H2 Engineering und die TU Graz-Forschenden fokussieren sich bereits auf den nächsten Schritt: Derzeit wird das System im industriellen Maßstab noch mit Erdgas betrieben. Die Gruppe möchte es nun auch für Biogas, Biomasse und andere regional verfügbare Rohstoffe nutzbar machen. Biogasanlagen beispielsweise könnten damit zukünftig noch konkurrenzfähiger werden und statt Strom zusätzlich auch grünen Wasserstoff produzieren, der für nachhaltige Mobilitätskonzepte genutzt wird.  

Das Forschungsprojekt HyStORM ist an der TU Graz im Field of Expertise „Mobility & Production“ verankert, einem von fünf strategischen Forschungsschwerpunkten der Universität.

Information

Beim Houskapreis 2017 wurde das OSOD-System mit einem Anerkennungspreis und dem Publikumspreis ausgezeichnet. Ein Video  der B&C Privatstiftung über das System ist auf YouTube zu finden.

Kontakt

TU Graz | Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik:
Viktor HACKER, Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
viktor.hackernoSpam@tugraz.at

Sebastian BOCK, Dipl.-Ing. Dr.techn. BSc
Tel.: +43 316 873 4984
sebastian.bocknoSpam@tugraz.at

Rouge H2 Engineering:
Gernot Voitic, DI Dr.
Tel.: +43 316 37 50 07
gernotnoSpam@rgh2.com

Am Gelände der PDC Verfahrenstechnische Entwicklungsgesellschaft m.b.H im steirischen Raaba-Grambach wird der Prototyp des OSOD H2 Generators derzeit getestet. © RGH2
Arbeiten gemeinsam mit Forschenden der TU Graz an der Weiterentwicklung des OSOD H2 Generators: Das technische Team von Rouge H2 Engineering – Christina Wölger, Gernot Voitic, Sara Kurakin, Jakob Sabitzer (v.l.n.r.). © RGH2
Legten mit ihrer Forschung die Basis für den Erfolg des neuen Wasserstoffgenerators: Das HyStORM-Projektteam der TU Graz – Karin Malli, Viktor Hacker, Sebastian Bock, Robert Zacharias (v.l.). © Lunghammer – TU Graz